"Wenn du triffst (*), hast du verfehlt."
"Der wahre Sieg ist der Sieg über das eigene Ego."
"Denke nicht - fühle."
Diese Sätze sind keine poetischen Phrasen. Sie zeigen auf einen Geisteszustand (*), der den meisten Menschen, nicht jedoch Budokas paradox erscheint - den Zustand absichtsloser Wachheit, in welchem Technik, Körper und Geist eins werden. Ob beim Wurf im Judo, beim Übernehmen eines Angriffs im Aikidö oder dem Zuki im Karate: Es gibt Momente, da "geschieht" Technik unfabriziert - spontan, klar und perfekt. Doch was genau ist dieser Zustand - und wie lässt er sich tiefer verstehen? Drei Spiegel des Nicht-TunsDer Philosoph, der das Denken anhältDer Begründer der Phänomenologie, Edmund Husseri, entwickelte die Methode der phänomenologischen Reduktion: Alles, was wir zu wissen glauben, wird "eingeklammert", damit sich das Wesentliche jeder Erfahrung frei von Interpretationen zeigen kann. Der österreichische Philosoph Wolfgang Fasching vergleicht diesen Ansatz in seiner Dissertation mit dem östlichen Zen-Konzept des Mushin - dem "Geist ohne Geist" 'Das Zurücktreten des denkenden Ichs öffnet Raum für spontane Klarheit - nicht als herbeigesehnte Vision, sondern als unaufgeregte Offenbarung. Viele Budoka erleben genau das, wenn sie nach Jahren des Übens erkennen: Perfektion entsteht nicht durch angestrengtes Denken, sondern durch Training und Gewahrsein. Nach unzähligen Wiederholungen wird Bewegung zur Präsenz - intuitiv und frei. |
Der Bogenschütze, der nicht mehr zieltDer deutsche Philosoph Eugen Herrigel trainierte in Japan Kyüdö - das Bogenschießen als Zen-Weg. Sein Lehrer lehrte, dass der Schuss nicht vom Willen gesteuert werden darf. Herrigel berichtet von dem Erlebnis, als sich der Schuss quasi von selbst löste und beschrieb dies mit "es schießt".Kein verkrampftes Zielen. Kein störender Gedanke. Nur absichtsloses Tun. Diese Erfahrung kennen Karateka oder Aikidoka ebenso. Ein Angriff kommt und der Körper reagiert vor dem Denken, viel schneller, als der Verstand es steuern könnte. Es ist nicht Trance - es ist wache Leere, ungestörte Achtsamkeit. "In dem Moment, wo Du denkst.- Jetzt! ist es zu spät. "
Der Yogi, der erkennt, dass alles schon da istIm Vajrayana-Buddhismus gibt es den Weg des Dzogchen - die "große Vollendung". Hier wird nicht geübt, um etwas zu erreichen, sondern praktiziert im natürlichen Zustand des Geistes zu verweilen. Es gilt das ursprüngliche Gewahrsein (Rigpa) direkt zu erkennen und aufrechtzuerhalten - klar, offen, leer. Durch sogenannte "pitch instructions" zeigt der Lehrer die Natur des Geistes auf und der fähige Schüler soll die Natur seines eigenen Geistes erkennen und aufrecht erhalten.Auch im Budo gibt es solche Momente: Dann gibt es nichts mehr zu verbessern, kein Ziel, keine Technik. Nur Präsenz. Angriff und Verteidigung sind eins und lösen einander nahtlos ab. Der Geist ist wie ein stiller See - alles spiegelt sich darin, entsteht und vergeht, ohne dass etwas gestört wird. Ein realisierter Lehrer kann ein spiritueller Freund sein und seine perfekt aufgezeigte Technik ein Impuls um sich mit dieser zu identifizieren und auf ihr geistiges Niveau einzulassen. |
"Wenn du nichts tust - geschieht alles von selbst. "
Weg zur Erkenntnis der Leerheit als Weg zur Meisterschaft
"In vollkommener Technik ist kein Ich mehr - nur Bewegung im Einklang mit dem Universum."
Wann immer wir diesen Zustand berühren - im Training, im Wettkampf oder im Leben wird die Kunst des Kampfes, zum Weg des Erwachens. Der Geist, "der nicht treffen muss" trifft, denn er hat nichts zu verteidigen.
Dr. Horst Witschel Hans Gottfried
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