Einige Bemerkungen zu der viel geforschten Geschichte des Tai Chi Chuan und der Kampfkünste mit stark divergierenden Meinungen!
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Was ist Tai Chi Chuan?Eine heftig umstrittene Frage, da verschiedene Schulen unterschiedliche Ansätze und Ziele verfolgen. Lassen wir einen Spezialisten (Su Ying Shen) zu Wort kommen:"Tai Chi Chuan kann als psychosomatisches Selbsttraining betrachtet werden. Es besteht aus dem langsamen Aneinanderreihen von Kampfbewegungen im Horizont des taoistischen Grundsatzes der Rückkehr zum Urzustand und der Logik des Yin und des Yang. Dadurch können der innere Energiefluss und die kybernetischen Kräfte des Hirns gelenkt werden. Diese Definition ist natürlich unvollständig, da Tai Chi Chuan eine äußerst vielschichtige Kunst ist. Man könnte es auch als Wissenschaft definieren, die erforscht, wie eine Bewegung mit einem Minimum an physikalischer und Muskelkraft, das heißt so Energie sparend wie möglich durchgeführt werden kann. Oder als eine Bestätigung der von Laotse [Autor von "Tao Te King" und einer der Gründer des Taoismus] gelehrten Regression. Diese Definition hat den Vorteil, dass sie verschiedene Merkmale wie Kampfkunst, Philosophie, Präventivmedizin (im chinesischen Sinne) und Harmonie miteinander verbindet. Tai Chi Chuan ist das Wesen selbst der 5000 Jahre alten chinesischen Kultur und vereint alle Bereiche des menschlichen Lebens. Kampfkunst wird als das natürliche Anpassungs- und Reaktionsvermögen betrachtet, das sich aus der Koordination und somit der Stabilisierung der verschiedenen inneren Funktionssysteme des Menschen ergibt und diesem erlaubt, auf die verschiedensten äußeren Aggressionen zu reagieren. Ziel des Tai Chi Chuan ist folglich, diese natürliche Fähigkeit zu nutzen, zu fördern und zu vervollkommnen. Das Wort Selbsttraining betont diese Disziplin, beinhaltet eine zeitliche Dimension und zeigt, dass das wirkliche Erlernen von Tai Chi Chuan, im Gegensatz zum bloßen Ausüben, mehr oder weniger viel Zeit in Anspruch nimmt." (Su Ying Shen, Auszug aus "Die Bedeutung des Tai Chi Chuan"; nach einer französischen Übersetzung . . . ) Woher kommt Tai Chi Chuan?Tai Chi Chuan kommt nicht, wie die Legende behauptet, aus den Wudang-Bergen und wurde auch nicht vor Jahrhunderten von einem taoistischen Mönch namens Zhang Sanfeng erfunden, wie es in der Dokumentation heißt.Wie Jose Carmona in seinem Buch "Von Shaolin nach Wudang" schreibt, sind die Hauptquellen dieser Kunst wahrscheinlich die Selbstverteidigungspraktiken . . . und hat seine Wurzeln in den alten Kampf- und Heilpraktiken |
Bemerkungen nach Taijiquan-Meister Tian Liyang (Auszug) | |
Was sind für Sie die Grundprinzipien im Tai Chi Chuan?Allgemein lässt sich sagen, dass im Tai Chi Chuan je nach Übungsniveau verschiedene Anforderungen und Regeln gelten. Es gibt zahlreiche Prinzipien, aber grundsätzlich gelten die Prinzipien von Entspannung beziehungsweise Loslassen, Fangsong, sowie von Ruhe und Natürlichkeit. Die Bewegungen sind rund und lebendig, der Körper ist aufrecht, Himmel, Erde und Mensch bilden eine Einheit, ebenso Körper und Geist, das Innere und das Äußere werden gleichzeitig kultiviert.Sie sprechen von Entspannung beziehungsweise Loslassen. Was bedeutet das konkret für Sie?Krankheit und Schwäche des Menschen werden hervorgerufen durch Einflüsse in unserem Leben (im Nachgeburtlichen), das heißt, wir verbrauchen unser Qi, indem wir zum Beispiel unseren Geist zu stark beanspruchen, zu viel nachdenken, durch die Arbeit und viele andere Faktoren. Wenn wir loslassen und entspannen, kann unser Körper wieder in einen Zustand des »Wuji« treten und zurück zu Natürlichkeit und Einfachheit gelangen. Der Körper wird durchgängig, das Qi kann frei in unserem Körper fließen und Gesundheit stellt sich ein. So heißt es: »Was entspannt ist, ist auch durchlässig.«Welche Rolle spielt beim Tai Chi Chuan die Form?Die Form des Tai Chi Chuan wird praktiziert, um durch die Übungspraxis den Zustand unseres Körpers zu verändern und beispielsweise zu lernen die Bewegungen des Körpers zu koordinieren und eine Kontinuität der Bewegungen zu erreichen; das ist der körperliche Aspekt der Übungspraxis. Man kann auch sagen, dass das Praktizieren der Form wie der Bau eines schönen Gebäudes ist. Wenn man die Form sehr schön läuft und gleichzeitig mit seiner inneren Übungspraxis (Neigong) sehr weit ist, dann ist das, als ob in jenem schönen Gebäude viele hübsche und praktische Möbel stehen. Erst durch das Zusammenspiel von Innen und Außen - von innerer Übungspraxis und äußerer Form - wird das Gebäude auch zu einem wunderbaren Zuhause. Wichtig ist, dass die äußere Haltung in der Form stimmt - wie bei einem Haus -, sonst kann das Qi im Inneren nicht richtig fließen. Die Form alleine ist jedoch nicht das Mark des Tai Chi Chuan. Am Anfang steht die Übung der Form, aber um ein hohes Niveau im Tai Chi Chuan zu erreichen, muss später auch die innere Arbeit einen bedeutenden Bestandteil der Übungspraxis darstellen, zum Beispiel Übungen der Stehenden Säule, Meditation, Atemübungen wie »Das Auswerfen des Alten und das Aufnehmen des Neuen « - Tugunaxin (hier sei auf die Hui Chun Gong Übungen verwiesen) sowie »Das Leiten und Führen der Aufmerksamkeit« - Yishi Daoyin (hier sei auf das Senkong verwiesen). Später kommen die inneren und äußeren Aspekte zusammen und bilden eine Einheit.Im Tai Chi Chuan spricht man vom unteren, vom mittleren und vom oberen Dantian. Welche Bedeutung haben die drei Dantian in Ihrer Tradition?Im Tai Chi Chuan heißt es »das obere Dantian ist der Speicher des Geistes (Shen), das mittlere Dantian ist die Kammer des Qi und das untere Dantian ist der Ort, an dem Jing (Essenz), Qi und Shen zusammenfließen. Wenn alle drei Dantian kultiviert werden und durchlässig sind, dann sind Jing, Qi und Shen voll und reichlich und die innere Kraft ist stark.« Dies zu praktizieren ist einer der Hauptinhalte der inneren Übungen in der daoistischen Wudang-Schule. Wenn man sich im Tai Chi Chuan lediglich intensiv mit der Form beschäftigt, kann man nur schwerlich eine hohe Stufe erreichen. Wenn man die drei Dantian praktiziert, entstehen im Inneren des Körpers Energien, die die normaler Menschen weit übertreffen, man kehrt zurück zu ursprünglicher Natürlichkeit und erlangt einen Zustand äußerer Weichheit und innerer Härte. |
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Das vollständige Interview wurde veröffentlicht in
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Dauert es lange, Tai Chi Chuan zu lernen?Dem Erlernen sind keine Grenzen gesetzt. Hier "ist der Weg das Ziel" und daher gibt es keinen Grund, je mit dem Tai Chi Chuan aufzuhören!Diejenigen, die Tai Chi Chuan aus gesundheitlichen Gründen betreiben, verfolgen das höchste Ziel, die Grundprinzipien dieser Kunst auf das tägliche Leben anzuwenden. So könne man Tai Chi Chuan betreiben und ständig dessen wohltuende Wirkungen genießen. "In einem alten Sprichwort heißt es: Ein Lied kommt spontan aus dem Mund eines Sängers, und ein Boxer ist immer ein Boxer. Für mich bedeutet das, dass ich mich ständig mit der Kampfkunst beschäftige und mich stets auf sie konzentriere. Egal wo - beim Essen, im Schlaf oder bei irgendwelchen alltäglichen Handlungen - ständig übe und forsche ich". Realistisch betrachtet kann man aber sagen, dass man allgemein bereits nach ein bis drei Jahren regelmäßigen Trainings die wohltuenden Wirkungen des Tai Chi Chuan auf physische und psychische Gesundheit verspürt, Freude am Ausführen der Bewegungsabläufe hat und beginnt, seinen Körper besser zu kennen und zu verstehen. Wie kann man Tai Chi Chuan lernen?Glauben Sie nicht, man könnte Tai Chi Chuan nur aus dem Buch lernen! Wenn Sie niemanden kennen, der es ihnen beibringen kann, sollten Sie sich einen Lehrer, einen Verein oder Verband suchen, der Kurse anbietet. Rechnen Sie mit ein bis zwei Kursstunden pro Woche und im Idealfall einer Viertelstunde täglichen übens.Schauen Sie sich einen Kurs vor Ort an; machen Sie sich eine Vorstellung vom Unterrichtsangebot; was ist das Ziel des Kurses (Gesundheit, Wettkampf, Kampfsport ... )? Was ist ihr Ziel? Überlegen Sie sich, ob Sie sich bei diesem Lehrer wohl fühlen würden... Als ein Beispiel hier eine freie Übersetzung der 10 Prinzipien von Yang Chen Fu (1883-1936), Gründer des Yang-Stils.
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